Mit dem Thema Antisemitismus in der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigten sich die Klassen 10 der Sekundarschule Meinerzhagen im evangelischen Religionsunterricht. Auf Einladung des Religionslehrers Pele Herling nahm Anfang November Pfarrer i.R. Martin Kornfeld aus Olpe am Unterricht teil und erzählte den Schülern und Schülerinnen von seinen Erlebnissen aus dieser Zeit.
1935 geboren und aufgewachsen mit sechs Geschwistern in einer Pfarrerfamilie aus Breckerfeld konnte Martin Kornfeld noch von vielen Erinnerungen erzählen, als sei es gestern gewesen. „Solche Zeiten vergisst man nicht“, erläuterte er.
Die Sinnlosigkeit, aber auch die Ausmaße des Krieges erlebte er schon als Fünfjähriger bei gemeinsamen Spaziergängen mit seinem Vater im Dorf. Eine Frau weinte im Hof und der Vater versuchte sie zu trösten und zu erfragen, was denn los sei. Diese erzählte, dass ihr Mann „eingezogen“ worden sei, „in den Krieg“. Da fragte der fünfjährige Martin zum ersten Mal: „Vater, was ist Krieg?“, und der Vater, peinlich und schmerzhaft berührt gegenüber seinem kleinen Sohn, konnte nur antworten: „Da erschießen sich die Menschen“ – ohne eine plausible und eine sinnhafte Erklärung dazu abgeben zu können. Die gibt es nicht. Erschreckend ist die Wirklichkeit.
Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 10 lauschten gebannt den Worten des Pfarrers, der es vermochte, die Klasse anschaulich und bewegend mit in die Reise in seine Vergangenheit zu nehmen.
Martin Kornfelds Vater, Pfarrer und Mitglied der Bekennenden Kirche (BK), konnte die Ideologie des NS- Staates nicht teilen. Auch von der Kanzel aus wurden durch ihn die Listen der Namen der BK-Mitglieder, die ins KZ gebracht wurden, mutig verlesen, um ihrer zu gedenken und für sie zu beten. Dies war für den Pfarrer besonders riskant, da sich im Gottesdienst stets ein SA-Mitglied befand und prüfte, ob Kornfeld etwas Regimefeindliches verlauten ließ. Pfarrer Kornfeld hatte oft mit unbequemen Konsequenzen zu rechnen, wurde auch immer mal wieder von der SA abgeholt, um sich vor dem Regime erklären zu müssen.
Der Vater bezeichnete die SA als Gotteslästerer, als Feinde Gottes. Die Gemeinde des Vaters glaubte an den Frieden. Ein Fehler für die Nationalsozialisten, die sich mit 40-50 Personen um das Pfarrhaus versammelten und als Verunglimpfung des Glaubens „Eine feste Burg ist unser Gott“ sangen und den Pfarrer verspotteten. „So etwas vergisst man nicht“, so Martin Kornfeld. „Es war eine besonders bedrohliche Situation für uns als Familie.“
Martin Kornfeld machte seine Zuhörer schließlich auf unsere gegenwärtige Zeit aufmerksam. „Wir leben heutzutage in einer sehr sicheren Welt, besonders hier in Deutschland. Seid daher immer wieder aufmerksam genug und wehret jeden Anfängen, die rassistische und menschenverachtende Spuren in sich tragen.“
„Immer diese alten Geschichten, das interessiert doch heute keinen mehr“, hört man in der Sekundarschule Meinerzhagen im Klassenraum nach diesen Erzählungen niemanden sagen. Das geht uns alle etwas an. Auch heute noch. Daran zweifelt nach den Erzählungen von Pfarrer Kornfeld niemand mehr.